Wer haftet: Gemeinde? Eigentümer? Vermieter?
Mieter?
Glatteis - Sturz auf dem Gehweg
Dass es eine Streupflicht gibt, garantiert noch nicht,
dass Fahr- und Gehwege ständig eisfrei sind und
somit besteht auch nicht immer ein Anspruch auf
Schmerzensgeld und Schadensersatz.
Stürzt beispielsweise jemand um 6 Uhr morgens
auf dem Weg zur Arbeit auf einem Gehweg an
einer unbeleuchteten Bushaltestelle, besteht kein
Anspruch. Es spielt also immer auch eine Rolle, ob
der Bürgersteig hätte frei sein müssen. Wie spät
war es? Bestand eine Streupflicht?
In einem Fall streute die Gemeinde zwar am
Vorabend um 22 Uhr, jedoch vereisten die
Schneereste über Nacht. Da die Streupflicht nur
im Zeitraum von zwischen 7 und 8 Uhr morgens
bis 22 Uhr abends zumutbar ist, hatte die Klage
der Gestürzten keinen Erfolg.
In welcher Breite der Gehweg geräumt und
gestreut werden muss hängt von der Art der
zugehörigen Straße ab. Nur bei besonderen
Wetterlagen, die selbst wiederholtes Streuen
wirkungslos machen, entfällt die Streupflicht.
Verletzt der Grundstückseigentümer seine Räum-
und Streupflicht und verletzt sich ein Fußgänger
aufgrund eines Sturzes, muss der
Grundstückseigentümer den gesamten Schaden
des Fußgängers ersetzen.
Zum Schadensersatzanspruch des Fußgängers
gehören insbesondere der Ersatz von
beschädigten Sachen, der Heilbehandlungskosten,
des Verdienstausfalls, des
Haushaltsführungsschadens sowie des
Erwerbsschadens. Und der verletzte Fußgänger
hat unter Umständen Anspruch auf
Schmerzensgeld.
Es spielt keine Rolle, ob jemand im Urlaub ist oder
krank ist. Wer verhindert ist, muss sich um Ersatz
für den Streudienst kümmern. Dabei ist die einzige
mögliche Ausnahme bei gebrechlichen, älteren
oder dauerhaft kranken Mietern. Diese können
ersatzlos von der Räum- und Streupflicht befreit
werden, wenn sie weder einen privaten noch einen
gewerblichen Räumdienst zur Übernahme der
Arbeiten finden (AG Hamburg-Altona).
Schneefegen und Streuen vor der eigenen Haustür
sind Pflicht. Viele Hausbesitzer nehmen ihre Mieter
in diese Pflicht. Vermieter können die Räum- und
Streupflicht in der Hausordnung oder mit einer
Klausel im Mietvertrag verbindlich auf den Mieter
übertragen. Nur, wenn im Mietvertrag steht, dass
sich der Mieter an die Hausordnung halten muss,
muss er auch Schneefegen.
reicht das nicht aus.
Ein Geschädigter, der stürzt, muss sich immer erst
an den Eigentümer des Hauses wenden, wenn er
Schadensersatzansprüche geltend machen möchte
oder Schmerzensgeld fordern will. Er muss also
seine Forderungen an den Eigentümer stellen. Für
ihn ist der Eigentümer der erste Ansprechpartner.
Ob der Eigentümer letztlich seine Haftung an
Mieter weitergegeben hat, muss ihn nicht
interessieren.
Der Eigentümer kann sich dann wiederum an den
Mieter wenden und von diesem seine Zahlungen
zurückfordern, die er an den Geschädigten leisten
musste.
Allerdings gibt es bei zentralen Bushaltestellen, an
denen sich ständig viele Fußgänger aufhalten eine
höhere Sorgfaltspflicht. Es kommt also auch auf die
Haltestelle selbst an.
Die Streupflicht kann nie garantieren, dass ein
Ausrutschen verhindert werden kann.
Nur wenn gar nicht gestreut wurde, kann ein
Anspruch auf Schmerzensgeld bestehen.
So war eine Frau war auf einem eisglatten
Bürgersteig ausgerutscht, weil ein Vermieter
und dessen Hausmeister nicht gestreut hatten.
Dabei hatte sie sich ein Handgelenk gebrochen.
Ihre Erwerbsfähigkeit war seitdem um zehn
Prozent gemindert. Das Gericht sprach der Frau
ein Schmerzensgeld in Höhe von 5000 Euro zu. AG
Franfurt
Während eines andauernden und starken
Schneefalls muss nicht fortlaufend gestreut und
geräumt werden. Der Streupflichtige muss erst
nach Ende des Schneefalls beziehungsweise dann,
wenn es nur noch geringfügig schneit, beginnen
und gegebenenfalls im Laufe des Tages erneut
seiner Räum- und Streupflicht nachkommen.
(Bundesgerichtshof)
Berufstätige müssen notfalls für eine Vertretung
sorgen, die für sie die Räum- und Streupflicht
wahrnimmt. Gleiches gilt, wenn der Streupflichtige
in den Wintermonaten in Urlaub fährt.
(Oberlandesgericht Köln)
Fußgänger, die auf einem nicht gestreuten Gehweg
stürzen, können von dem nachlässigen
Hausbesitzer lediglich 50 Prozent Schadensersatz
Grund: Sie selbst hätten ebenfalls aufpassen
müssen. (Thüringer Oberlandesgericht)
Grenzen der Räumpflicht bei fortdauerndem
Schneefall
Wurde nach nächtlichem Schneefall morgens
intensiv geräumt und gestreut, so kann auch bei
tagsüber andauerndem Schneefall mit
zwischenzeitlichen Schneepausen keine
kontinuierliche Fortsetzung der Schneeräumung
verlangt werden; grundsätzlich reicht es jedenfalls
aus, wenn mittags nachgeräumt und -gestreut wird.
(LG Bochum)
Die Übertragung der Steu- und Räumpflicht auf
Gehwegen auf die Anlieger befreit die Kommune
nicht von der Pflicht, die Wahrnehmung der
Winterwartung durch die Anlieger zu kontrollieren.
Ein Fußgänger, der auf einem vereisten
Kanaldeckel ausrutscht und sich verletzt, hat
keinen Anspruch auf Schadenersatz und
Schmerzensgeld gegen die Gemeinde, wenn diese
den Kanaldeckel im Rahmen des üblichen
Winterdienstes geräumt und abgestreut hat. Ein
zusätzlicher personeller Aufwand an Kontroll- und
Streumaßnahmen sei den Gemeinden nicht
zuzumuten. OLG Koblenz
Glatteis - Sturz auf dem Gehweg
Ein Sehnenriss am Knie, schmerzhafte Prellungen
und zwei Wochen Krankenhaus waren die Folgen
für einen Fußgänger. Zahlen muss die Gemeinde,
die auf der viel begangenen Fußgängerbrücke
hätte Schnee fegen und streuen müssen (OLG
Nürnberg).
Betreiber von Einkaufsmärkten müssen eisglatte
Stellen auf ihren Kundenparkplätzen durch Streuen
entschärfen. Ein Marktbetreiber, der diese Pflicht
vernachlässigte, wurde vom Oberlandesgericht
Düsseldorf zur Zahlung von über 12500 Euro
verurteilt, weil eine Kundin ausrutschte und sich
verletzte.
Wer bei Glatteis und Schnee offensichtlich nicht
ungestreute Wege benutzt, geht nicht nur das
Risiko ein, sich bei einem Sturz zu verletzen,
sondern auch, dafür keinen Schadensersatz oder
Schmerzensgeld zu bekommen.
Zwar muss der Hausbesitzer, vor dessen
Grundstück nicht gestreut war, haften,
entschied das Landgericht Trier. Doch bekommt
der risikobereite Fußgänger nach dem Urteil
eine Mitschuld und deshalb weniger
Schmerzensgeld. Landgericht Trier.
Kommt es wegen andauernden, gefrierenden
Regens zu Glatteisbildungen auf Außentreppen
einer Wohnanlage, so muss der
Winterdienstpflichtige wiederholt streuen. Denn
auch wenn die Gefahr des Ausrutschens nicht
beseitigt werden kann, so muss sie zumindest
verringert werden. Landgericht Hamburg
Rutschige Gehwege aufgrund von Schnee und
Glatteis stellen eine erhebliche Gefahrenquelle für
Fußgänger dar. Deswegen sind Eigentümer von
Grundstücken verpflichtet, den Gehweg vor ihrem
Grundstück zu räumen und zu streuen, wenn
dieser von Schnee und Eis bedeckt ist. Stürzt ein
Fußgänger, weil der Grundstückseigentümer seine
Räum- und Streupflicht verletzt hat, muss der
Eigentümer Schadensersatz leisten.
Hat der Grundstückseigentümer seine Räum-
und Streupflicht vertraglich auf einen
Winterdienst übertragen, haftet der
Winterdienst neben dem
Grundstückseigentümer. Der
Grundstückseigentümer wird durch die
vertragliche Übertragung der Räum- und
Streupflicht nicht von seiner eigenen
Verpflichtung hierzu befreit.
Er könnte zum Beispiel trotzdem haftbar gemacht
werden, wenn er einen Winterdienst beauftragt,
obwohl ihm bekannt ist, dass genau diese Firma
nicht ordnungsgemäß arbeitet. Oder er diese
unterbezahlt hat. Ihm bekannt ist, dass diese Firma
illegale Mitarbeiter beschäftigt usw....Es müsste im
Streitfall geklärt werden, ob die Firma ihre
vertraglichen Verpflichtungen eingehalten hat und
der Eigentümer sich an alle Vorschriften gehalten
hat.
Der Grundstückseigentümer muss in der Regel an
Werktagen in der Zeit zwischen 7:00 Uhr und 20:00
Uhr für einen geräumten und gestreuten Gehweg
sorgen. An Sonn- und gesetzlichen Feiertagen
besteht die Pflicht in der Regel in der Zeit zwischen
8:00 Uhr und 20:00 Uhr.
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